Sicherheit muss sichtbar sein

Die Zahl der Einbrüche in Deutschland steigt. Leichtsinn, marode Türen und alte Fenster erleichtern den Tätern oftmals den Zugang.
Safe House
Illustration: Daniel Balzer by Marsha Heyer
Axel Novak Redaktion

Ein Montagmorgen in Berlin: Die Mitarbeiterin einer Grafik-Agentur geht die Stufen zum Büro hinauf und wundert sich: Glasscherben säumen ihren Weg. Als sie auf dem Treppen­absatz ankommt, das Erschrecken: Die gläserne Eingangstür ist aufgebrochen. Eine Spur der Verwüstung zieht sich durch die Räume. Über das Wochenende haben Einbrecher den Hintergrundlärm des belebten Restaurants im Erdgeschoß genutzt, um das Büro komplett auszuräumen. Was diesem Unternehmen widerfuhr, passiert heute jeden Tag in Deutschland. Einbrüche finden vor allem in großstädtischen Regionen und Gegenden entlang der Autobahnen statt, fast jede zweite Tat wird tagsüber begangen. 

 

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik wurden 2014 mehr als 150.000 Einbruchdiebstähle gemeldet, 1,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Gerade einmal jeder sechste Einbruch wird aufgeklärt: 17.051 Tatverdächtige hat die Polizei ermittelt. Der Schaden allein durch das entwendete Gut betrug 422 Millionen Euro. „Erfreulich ist, dass 41,4 Prozent der Einbrüche im Versuchsstadium stecken geblieben sind“, tröstete der rheinland-pfälzische Innenminister und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz, bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik im April vergangenen Jahres. 

 

Tatsächlich muss ein Einbruch heute kein Schicksalsschlag mehr sein. Eine Reihe von technischen Mitteln und Grundregeln schützen. Teure Umbauten werden zudem gefördert:  So hilft die KfW über die Programme „Altersgerecht Umbauen“ und „Energieeffizient Sanieren“ auch beim Schutz gegen Wohnungseinbruch. Ziel aller Vorkehrungen ist, potenziellen Einbrechern die Arbeit zu erschweren. Weil sich die meisten Einbrecher an die Faustregel halten, dass das Eindringen in möglichst kurzer Zeit gelingen soll, wenden sie sich schnell anderen Objekten zu, wenn die Wohnung und das Büro wirklich gut gesichert sind.  

 

KOSTENLOSE POLIZEILICHE BERATUNG

 

Ortstermin in Berlin: Eine Mitarbeiterin des Landeskriminalsamts begutachtet auf Anfrage Wohnungen und Gewerbeeinrichtungen – heute ein Büro im Erdgeschoss eines Wohngebäudes. Die LKA-Mitarbeiterin wirft einen Blick in die Runde und zeigt binnen weniger Minuten die zentralen Schwachstellen auf, die unbewusst zum Einstieg einladen. Zum einen die Lage: Die Wohnung im Erdgeschoss ist vom Innenhof einsehbar. Übeltäter können durch das Fenster Objekte ausspähen. 

 

Grundsätzlich gilt: Sind Sicherheitsmaßnahmen von außen erkennbar, schrecke dies mögliche Täter ab, so die Kriminalbeamtin. Auch Bewegungsmelder, die Licht auslösen, oder echte Kameras sind sinnvoll, weil Täter gern unerkannt bleiben. Wer in einer Etagenwohnung wohnt oder arbeitet, sollte eine grundsätzliche Regel beherzigen: keine Gegenstände in unmittelbarer Nähe des Hauses, die das Eindringen erleichtern. Leitern oder ähnliches gehören in einen verschlossenen Schuppen.  

 

Der erste Eindruck entscheidet: die Tür. Mit einem leichten Tritt gegen die Unterkante des Türblatts zeigt die Kriminalbeamtin, wie dünn gerade die klassischen Altbauholztüren sind. In städtischen Wohnungen sind solche alte Jugendstilholztüren sicher eine Zierde, aber keinesfalls sicher. Das dünne Holz zersplittert unterm beherzten Tritt. Abhilfe bieten von außen erkennbare Stangenschlösser sowie spezielle Aushebelsicherungen. Eine Türverstärkung aus Stahlblech oder Multiplex lässt sich einfach montieren. Insgesamt belaufen sich die Kosten für eine solche Türsicherung auf einen mittleren dreistelligen Betrag. Wer anschließend gegen die Tür drückt, spürt den starken Widerstand und sucht sich im Zweifel einfachere Zugangsmöglichkeiten.

 

Alte Zylinderschlösser lassen sich innerhalb weniger Sekunden mit einer einfachen Wasserrohrzange herausdrehen. Empfehlenswert sind daher einbruchhemmende Schlösser mit Schutzbeschlag und zusätzlicher Zylinderabdeckung. Im Fachhandel gibt es entsprechend klassifizierte Anlagen. Aber Achtung: Sinnvoll ist die Schlossverstärkung nur, wenn auch die Türkonstruktion im Ganzen widerstandsfähig genug ist. Im Zweifel helfen die Polizei oder zertifizierte Fachhändler und Handwerker.  

 

AUF GUTE NACHBARSCHAFT

 

Eine Schwachstelle sind in der Regel die Fenster. Stehen sie auf Kipp, sind sie meist leicht aufzuhebeln. Aber auch verschlossene Fenster sind nicht wirklich sicher. „Die üblichen Fensterkonstruktionen bieten keinen wirksamen Schutz vor Einbrechern“, sagt die Kriminalbeamtin und demonstriert mit einem Kugelschreiber, wie schnell sich Kunststofffensterrahmen aufhebeln lassen. Dem lässt sich abhelfen: Teleskopstangenschlösser, Bandsicherungen oder stabile Fensterschlösser verhindern den leichten Zugang. Sind sie von außen sichtbar, schrecken sie ab. 

 

Im Zweifel helfen auch im Mauerwerk verankerte Gitter, die es ebenfalls in verschiedenen Widerstandsklassen gibt. Und schließlich stellt sich die Frage der Alarmanlage: Wer hochwertige Güter zuhause oder im Büro lagert, möchte sich oft mit zusätzlichen Überfall- und Einbruchmeldeanlagen sichern. „Der mechanische Schutz hingegen setzt dem Täter Widerstand entgegen und verhindert im Zweifel einen Einbruch“, so die Kriminal­beamtin.

 

Daher bleibt hier abzuwägen: Alarmanlagen verhindern keine Einbrüche, sondern melden sie. Entscheidend ist also, wann Hilfe kommt. Viel wirksamer ist daher die Aufmerksamkeit der Nachbarn. Nicht nur, weil sie im Zweifelsfall regelmäßig Briefkästen leeren und die Rollläden schließen, um Abwesenheiten der Bewohner zu verbergen. Sondern auch, weil sie einfach schon zur Stelle sein können, wenn Unbekannte Objekte ausspähen. Die nachbarliche Neugier hat schon manche Wohnung vor unbefugtem Zugang gerettet.

 

FACHLICHE BERATUNG

 

Polizeiliche Beratungsstellen in den Bundesländern geben Tipps, wie Sie sich gegen Einbrüche schützen können. Infos unter www.polizei-beratung.de oder www.k-einbruch.de

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