Handel im Wandel

Werden wir in Zukunft nur noch online einkaufen? Und was bedeutet dies für unsere Wohnungen und Städte?
Handel im Wandel
Illustration: Arinda Craciun
Klaus Lüber Redaktion

Wer nach Trends sucht, die das Wohnen in Zukunft gestalten werden, denkt vielleicht zuerst an intelligente Küchengeräte oder futuristische Häuser – alles schon recht greifbar, und dennoch mit dem Nimbus des noch nicht Spruchreifen behaftet. Und übersieht dabei Entwicklungen, die schon längst begonnen haben, unsere Städte nachhaltig zu verändern.
Gemeint ist der Onlinehandel. 2015 lag dessen Warenumsatz in Deutschland bei 46,9 Milliarden Euro, 9,5 Prozent höher als im Vorjahr. Im Jahr 2020 werden Experten zufolge 20 Prozent des Einzelhandelsumsatzes online abgewickelt. „Wir sind auf dem Weg in die Zalando-Gesellschaft“, wird ein Sprecher des Verbands der deutschen Automobilindustrie in der Süddeutschen Zeitung zitiert.
Wäre man pessimistisch, würde man in diese „Zalando-Gesellschaft“ vor allem den Niedergang der Innenstadt erkennen. Folgen für die Zentren, so mahnende Stadtplaner, zeigen sich in zunehmendem Leerstand in klassischen Geschäftsstraßen, kürzer werdenden Nutzungszyklen von Handelsimmobilien, der Verödung öffentlicher Räume oder der teilweisen Verschlechterung der Versorgungssituation.
Andererseits kann ein gut funktionierender Onlinehandel auch durchaus positive Dynamiken entfalten. Zwar steht der Einzelhandel massiv unter Druck, entwickelt aber auch Strategien, mit der veränderten Situation umzugehen – was letztlich wieder dem Verbraucher zugute kommt. Grundsätzlich sprechen aktuelle Studien weniger von einem Verdrängungsprozess, sondern eher von einer Koexistenz von Online- und stationärem Handel. „Der Handel der Zukunft wird weiterhin vor Ort stattfinden und nicht digital“,  sagt beispielsweise Manuel Jahn, Leiter des Bereichs Consulting bei GfK Geomarketing, die 20.000 Haushalte in Deutschland ein Jahr lang detailliert über die Online- und Offline-Anteile sämtlicher Einkäufe befragt hatte.
Trotz der nach wie vor beträchtlichen Steigerungsraten des Internethandels (jährliche durchschnittliche Wachstumsrate von 2009 bis 2014) ist laut GfK nach einer Phase der Marktreife spätestens 2021 mit einer spürbaren Sättigung zu rechnen. Die bisherigen Wachstumsraten werden sich dann von aktuell 21 auf 3,5 Prozent abgeschwächt haben. Allerdings werden in einzelnen Sparten, zum Beispiel im Bereich Lebensmittel, die Anteile deutlich steigen. Dies mag auch der Grund sein, warum genau in diesem Segment gerade die größte Marktaktivität zu spüren ist. Gerade weil der aktuelle Marktanteil noch so gering ist – 2014 lag dieser einer Studie von Ernst & Young zufolge bei 0,3 Prozent – ist das Steigerungspotenzial im E-Food-Markt enorm.
Dieser ist allerdings hart umkämpft – auch weil die Etablierung eines erfolgreichen Geschäftsmodells so schwierig ist. „Die Anforderungen an die Logistik sind häufig groß“, so Trendforscher Marco Atzberger vom Handelsinstitut EHI gegenüber der Welt. Um Ware zu kühlen, kämen bei Lieferdiensten spezielle Fahrzeuge oder Boxen zum Einsatz. Hinzu kommt laut Atzberger, dass es in Deutschland, im Unterschied zu europäischen Nachbarländern wie Großbritannien oder Frank-reich keine ausgeprägte Tradition des Online-Handels mit Lebensmitteln gibt.

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