Die Digitalisierung braucht einen Schub

Die Vernetzung der Baubranche entwickelt sich nur langsam. Ein Grund dafür sind fehlende Standards.
Illustration: Sophie Mildner
Illustration: Sophie Mildner
Axel Novak Redaktion

Die Digitalisierung und die zunehmende Automatisierung machen auch vor der Baubranche nicht halt – und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette. Digitale Verfahren bei Planung, Ausführung und Betrieb haben das Potenzial, die Branche umzukrempeln.

Vor allem ein Schlagwort treibt die Branche um: BIM – Building Information Modeling – steht für digitale, vernetzte Planung. „Building Information Modeling lässt sich grundsätzlich bei allen Baumaßnahmen im Hoch- oder Tiefbau beziehungsweise bei Brücken einsetzen“, erklärt Prof. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. „Darüber hinaus ist BIM neben dem Neubau auch für Sanierungen geeignet.“

Mehr Effizienz, weniger Fehler und höhere Qualität sollen das Ergebnis sein, wenn alle Beteiligten auf die gleichen Daten zugreifen. Im Ausland wird das schon praktiziert: Brücken zwischen Hongkong, Zuhai und Macau konnten mithilfe von BIM-Prüftechnologie besser und sicherer geplant werden. Beim Bau von Bürotürmen in Malaysia nutzten Planer und Bauunternehmen umfassende BIM-Modelle. Und das britische Infrastrukturprojekt Thames Tideway Tunnel wird durch eine BIM-Umgebung unterstützt, die mehr als 15 Standorte in Europa miteinander verbindet.

Auch in Deutschland ist BIM schon im Einsatz. Derzeit wird der BIM-Einsatz bei insgesamt 30 Pilotprojekten beim Bau von Verkehrsinfrastruktur wissenschaftlich begleitet. Vor allem die Deutsche Bahn nutzt die vernetzte Planung im Schienenbau.

Die Bundesregierung fördert die Digitalisierung seit langem: Im Dezember 2015 stellte der Bundesverkehrsminister einen Stufenplan „Digitales Planen und Bauen“ vor: Ab 2020 soll BIM bei allen neu zu planenden Bundesprojekten eingesetzt werden. Dazu gibt es eine Reihe von Ansprechpartnern: Das Kompetenzzentrum Planen und Bauen 4.0, BIM Cluster-Foren – und noch in diesem Jahr das nationale BIM-Kompetenzzentrum, das BIM-Erfahrungen bündeln, bestehende Aktivitäten im Hoch- und Tiefbau koordinieren und digitale Methoden, Standards und Erfahrungen der Öffentlichkeit zugänglich machen soll.

Damit trifft die Bundesregierung den Nerv: Denn die größten Hindernisse für den umfassenden Einsatz von BIM sind fehlende Standards, Regeln und Definitionen, ergab eine Umfrage unter 4.300 Besuchern der BIM World Munich im Dezember 2018. Auch eine Befragung unter 15.000 Architekten ergab, dass immerhin vier von fünf Planern davon ausgehen, dass BIM künftig im Bau eingesetzt wird. Aber nur 12 Prozent der Architekten kennen und setzen es ein. Die Schwierigkeiten sehen sie vor allem beim Informationsaustausch mit anderen Projektbeteiligten.

Solange aber BIM nicht umfassend kommt, sind auch andere Digitalisierungsprojekte ausgebremst. So hat das japanische Unternehmen Kawada mit dem nationalen Wissenschafts- und Technikinstitut AIST humanoide Roboter entwickelt, die auf Baustellen zum Beispiel im Trockenbau arbeiten können. Aber auch der HRP-5P braucht valide Daten, bevor er mit den schweren Gipskartonplatten loslegt.

 

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